Péter Maitz

Einige Forschungsprojekte der letzten Jahre

Unserdeutsch (Rabaul Creole German): Dokumentation einer stark gefährdeten Kreolsprache in Papua-Neuguinea

Laufzeit: 2015-fortlaufend; weitere Projektbeteiligte und Kooperationspartner: Prof. Dr. Werner König (Universität Augsburg), Prof. Dr. Craig A. Volker (James Cook University, Cairns, Australien), Prof. Dr. Peter Mühlhäusler (University of Adelaide, Australien), Prof. Dr. Alexandra Y. Aikhenvald (James Cook University Cairns), Leibniz-Institut für Deutsche Sprache, Mannheim; 2015-2021 gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Gegenstand des Projekts ist Unserdeutsch, die einzige bekannte deutschbasierte Kreolsprache, die um 1900 in der einstigen deutschen Südseekolonie Deutsch-Neuguinea entstanden ist und zu Projektbeginn noch von etwa 100 älteren Personen in Papua-Neuguinea und Australien als Erstsprache gesprochen wurde. Das Ziel des Projekts ist eine umfassende Sprachdokumentation in Form eines transkribierten und annotierten Sprachkorpus auf der Basis von Audioaufnahmen im Umfang von etwa 50 Stunden. Die Daten werden nach der notwendigen Orientierungs- und Explorationsphase im Feld im Rahmen von teilgesteuerten narrativen Interviews in sorgfältig geplanten und vorbereiteten Settings in Australien (Queensland, New South Wales) und Papua-Neuguinea (East New Britain, New Ireland) erhoben. Sie liefern zugleich auch wichtige sozialanthropologische aber auch metalinguistische Informationen zu Entstehung und Geschichte von Sprache und Sprachgemeinschaft. Diese Primärdaten werden durch fragebogenbasierte sprachbiographische und Sozialdaten zu den Informantinnen und Informanten sowie durch einschlägiges Bild- und Textmaterial ergänzt. Das Sprachkorpus wird in Zukunft über die Datenbank für Gesprochenes Deutsch am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache Mannheim zu Forschungs- und Lehrzwecken zugänglich sein. Beim Projekt handelt es sich um sog. community based language research, die auf der engen Zusammenarbeit zwischen der Sprachgemeinschaft und dem Projektteam beruht und zu linguistischen Erkenntnissen führen soll, die (1) mit der, (2) von der und (3) für die Sprachgemeinschaft erarbeitet werden. Weitere Informationen zu Unserdeutsch, zur Sprachgemeinschaft und zum Projekt, Auszüge aus dem Korpus sowie im Rahmen des Projekts entstandene Publikationen sind auf der Webseite des Projekts zugänglich.

Language Emergence in Multilingual Contexts

Bilaterales Forschungsprojekt mit dem Language and Culture Research Centre an der James Cook University (JCU) Cairns, Australien auch zur Förderung und unter Beteiligung des wissenschaftlichen Nachwuchses; Laufzeit: 2018-2019, Ko-Leiterin: Prof. Dr. Alexandra Y. Aikhenvald (JCU); gefördert vom DAAD und von Universities Australia.

Gegenstand des Projekts sind die Prozesse und Kontexte, die unter Mehrsprachigkeitsbedingungen extremere Formen von Sprachwandel, darunter vor allem auch die Entstehung von neuen Sprachen bzw. Sprachvarietäten, zur Folge haben. Durch die Analyse von Daten aus einer großen Bandbreite von unterschiedlichen Sprachen und Sprachkontaktkonstellationen aus den verschiedensten Regionen der Welt will das Projekt zur Beschreibung von bislang nicht oder kaum erforschten Sprachen und Varietäten sowie zur Klärung von einschlägigen sprachtypologischen, sprachwandeltheoretischen, kontaktlinguistischen und kreolistischen Grundlagenproblemen einen Beitrag leisten. Von den Mitgliedern des Projektteams werden u. a. folgende Sprachen bzw. deren Varietäten untersucht: Unserdeutsch, Bilingual Navajo, Kumandene Tariana, Chamacoco, Murui, Mursi, Pomo u. a. Im Rahmen des Projekts fanden zwei internationale Workshops statt (Cairns 2018 und Bern 2019), wo unter Beteiligung auch von externen Eingeladenen wie Susan Gal (Chicago), Peter Trudgill (Norwich), Jürg Fleischer (Marburg) u.a. die Ergebnisse vorgestellt und diskutiert wurden.

Dialektzensus von Bayerisch-Schwaben

Laufzeit: 2016-2019, weitere Projektbeteiligte: Prof. Dr. Werner König (Universität Augsburg), Dr. Christian Pfeiffer (Pädagogische Hochschule Freiburg); gefördert u.a. vom Bezirk Schwaben.

Das Projekt verfolgt das Ziel, ein verlässliches und differenziertes Bild über Gegenwart und Zukunft des Dialektsprechens in Bayerisch-Schwaben zu gewinnen. Zu diesem Zweck werden Daten zu Dialektkompetenz und Dialektgebrauch von Kindergartenkindern auf dem Gesamtgebiet des Bezirks erhoben. Die Daten werden von den Erzieherinnen und Erziehern der Kindertagesstätten geliefert und mithilfe eines Fragebogens erhoben. Im Hintergrund der Entscheidung, im Gegensatz zu früheren und vergleichbaren Zensus Daten zu Kindergartenkindern zu erheben, steht die Überlegung, dass es sich bei Dialekten in Deutschland (nach wie vor) um Varietäten handelt, die typischerweise als L1 im Vorschulalter, im Laufe der primären Sozialisation also, erworben werden. Sollte daher in diesem Alter keine Dialektkompetenz aufgebaut worden sein, so kann man davon ausgehen, dass sie in der Regel gar nicht mehr aufgebaut und folglich auch keine intergenerationelle Dialektübertragung mehr stattfinden wird. Auf diese Weise sollten die erhobenen Daten – bei aller nötigen interpretativen Sorgfalt – nicht nur Aussagen über die aktuelle Situation, sondern zugleich auch über die Zukunft des Dialekts in Bayerisch-Schwaben erlauben. Die Befunde werden regional differenziert dargestellt und auch mit sozialen und attitudinalen Faktoren wie Alter, Ortsgröße und Spracheinstellungen der Erzieher/innen korreliert. Details zu Gegenstand, Methoden, Ziel sowie zu wichtigsten Ergebnissen des Projekts sind in folgender Publikation dokumentiert:

König, Werner / Pfeiffer, Christian / Maitz, Péter (2019): Dialekt im Kindergarten. Ergebnisse einer Fragebogenerhebung in Bayerisch-Schwaben. In: Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 86.3, 247–283.